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Mehrtagestour über die Nagelfluhkette

Katja Wehr • Okt. 04, 2018

For girls only - und dennoch keine "Mädchen-Tour"!

Gratwanderung vom Mittag über den Hochgrat zum Hochhäderich und weiter...

Es ist so weit. Endlich wieder Mädels-Wochenende!
Gemütlich wellnessen, ausgiebig shoppen, entspannt chillen im Baumhaus – alles schön und gut. Doch nichts für uns! Wie jedes Jahr zieht es uns zum Wandern in die Berge.
Auf unseren Bergtouren benötigen wir nicht viel, wir sind minimalistisch unterwegs und wandern mit leichtem Gepäck. Dafür haben wir Zeit für uns und unsere Freundschaft. Wir genießen die Natur und wunderbare Aussichten. Draußen aktiv und in Bewegung lassen wir ruckzuck den Alltag hinter uns und kehren zufrieden und glückselig nach Hause.
Ihr schmunzelt oder lacht? Probiert es aus!

Bei unserer diesjährigen Bergtour werden wir zu Gipfelstürmern und
erobern allein an den ersten beiden Tagen 13 Gipfel!
Ganz nebenbei "sammeln" wir unglaubliche Momente, Ausblicke und Erlebnisse und finden jede Menge wunderschöne Plätze und ... Pilze.

Unsere Wanderung führt uns in 3 Tagen zunächst über den Grat der Nagelfluhkette vom Mittag in Immenstadt über den Hochgrat bis zum Hochhäderich an die Grenze zu Vorarlberg. Weiter geht unser Weg dann von dort über den Imberg nach Steibis und anschließend zu den Buchenegger Wasserfällen. Die Tour endet am Hündlekopf.
Die Tour über die Nagelfluhkette ist eine großartige und aussichtsreiche Kammwanderung am deutschen Alpenrand, bei der sich die zahlreichen Gipfel wie Perlen an einer Kette aneinanderreihen.

Unser Wanderwochenende ist deklariert „for girls only“ – und dennoch ist es keine „Mädchen“-Tour!
Dank der Streckenlänge und der zahlreichen versteckten Höhenmeter hat sie es in sich. Ebenso sind ausreichend Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie eine gute Kondition für diese Tour mit teils ausgesetzten und gesicherten Passagen unerlässlich.
Aufgrund der Exponiertheit empfiehlt sich die anspruchsvolle Gratwanderung ausschließlich bei stabiler Wetterlage.

Wir wissen, was auf uns zukommt und starten gut vorbereitet und gut gelaunt am dritten Septemberwochenende am frühen Freitagmorgen an der Talstation der Mittagbahn in Immenstadt.
Noch ist das Wetter schön, doch wer den Himmel genauer beobachtet, der kann erkennen, dass die Prognosen für den späten Nachmittag zutreffend sein werden. Wir müssen mit Regen rechnen und so ist ein gewissenhaftes Zeitmanagement für unsere Etappe notwendig. Eventuell müssen wir uns auch auf einen Abbruch der Tour einstellen…

In der Gewissheit einen Plan B in der Tasche zu haben, sesseln wir zunächst mal ganz gemütlich mit der Bahn auf den Mittag. Mit rund 14 km und 1300 Höhenmetern haben wir heute noch ausreichend Anstrengungen vor der Brust und darüber hinaus ist der Aufstieg auf den Mittaggipfel eher – na sagen wir unattraktiv…
Am Gipfel Nummer 1 geht es dann los. Auf dem gut ausgebauten Wanderweg laufen wir uns ein und passieren das Bärenköpfle. Nun wird aus dem Weg ein herrlich abwechslungsreicher Pfad und wir steigen bis zum felsigen Gipfelaufbau des markanten Steineberg hinauf. Es gibt einen Normalweg auf den Gipfel und die Variante über eine etwa 15 Meter lange Eisenleiter in der Directissima.
Wir entscheiden uns …- für die Spielart mit reichlich Luft unter den Sohlen!
Der zweite Gipfel ist erreicht.

Am Gipfel des Steineberg genießen wir die wunderbare Aussicht. Dennoch setzen wir unseren Weg zügig fort. Es bläst ein recht kräftiger Wind und wir möchten unser Etappenziel, das Staufner Haus, gerne vor dem sicher herannahenden Regen erreichen.
Über wechselnd spannende Wege zunächst bergab und später wieder hinauf erreichen wir auf Wiesen- und Felspfaden, gesicherten Fels- und Gratpassagen das nächste Gipfelziel, den Stuiben (Gipfel 3).

Auf dem Stuiben machen wir – leider mit Blick auf die Uhr – eine Brotzeit.
Es geht uns wunderbar. Frisch gestärkt brechen wir auf und erklimmen der Reihe nach
den Sedererstuiben (4) und den Buralpkopf (5).

Der Weg geht ein paar Höhenmeter hinunter und gleich wieder hinauf. Gipfel für Gipfel. Immer wieder. Durchhaltevermögen und Kondition sind gefragt.
Die nächsten Gipfelziele heißen Gündelskopf (6) und Rindalphorn (7).

Das Erstürmen von 8 Gipfeln an einem Tag oder auf einen Streich entpuppt sich tatsächlich als vor allem moralische Herausforderung. Vom Gündelskopf führt der Weg steil und unangenehm zu laufen in Wiesenwegspuren bergab zur Gündlesscharte, um gleich darauf wieder knackig bergauf zum Rindalphorn zu führen. Und auch wenn uns oben auf dem zweithöchsten Gipfel der Nagelfluhkette eine wunderbare Aussicht belohnt, wartet ein weiterer Gipfel auf uns, während sich am Himmel immer mehr Wolken versammeln...

Die Überschreitung der Nagelfluhkette ist Teil der Europäischen Fernwanderwege E4 und E5 sowie des Maximiliansweg.
Bei guter Fernsicht kann man das grandiose Panorama des hügeligen Alpenvorlands, den Alpenhauptkamm und die umliegenden Täler bis hin zum Bodensee und zum Säntis genießen.

Wir lassen uns dennoch nicht hetzen. Den mittlerweile zugezogenen Himmel im Auge marschieren wir weiter. Erneut bergab und gleich wieder hinauf, die vielen Höhenmeter verbergen sich auf dieser Tour zwischen den Gipfeln.
Wir erreichen den höchsten Punkt unserer Wanderung auf 1834 m. Und obwohl die Hochgratbahn das Tagesgeschäft noch nicht eingestellt hat, sind wir ganz allein am Hochgrat Gipfel (8). Für das Beweisfoto müssen wir also auf die ungeliebte Selfie-Technik zurückgreifen!

Vom Hochgrat Gipfel sind es nur noch wenige Gehminuten bergab und wir erreichen unser Tagesziel, das heimelige Staufner Haus. Hier haben wir weit im Voraus reserviert.
Während wir noch Kaffee und Kuchen - das muss einfach sein!!! – genießen, wird es draußen ungemütlich. Der Regen setzt ein.
Offensichtlich haben wir also alles richtig gemacht, unser Zeitmanagement scheint perfekt.
Wir sind absolut glücklich über unsere wunderbare und anstrengende Tagesetappe. Dieser Tag bleibt unvergessen!

In der Nacht zieht bis zum Morgengrauen eine heftige Regenfront durch.
Der neue Morgen begrüßt uns leider wolkenverhangen.
Also lassen wir uns beim Frühstück Zeit. Das Staufner Haus ist herrlich gemütlich und wir besprechen die heutige Tagesetappe. Der „Luftige Grat“ vom Staufner Haus bis zum Hochhäderich hält zwar "nur" noch 5 weitere Gipfel für uns parat, ist bei Nässe aber eine heikle Angelegenheit und nicht zu empfehlen.

Gedanklich darauf eingestellt eine alternative Route zu unserem Tagesziel, der Alpe Hörmoos, einschlagen zu müssen, packen wir unsere Rucksäcke und starten auf unseren Weg weiter Richtung Westen.

Doch der Morgen und seine Ausblicke halten eine Überraschung für uns bereit. Sie sind ein echter Hingucker!
Das Allgäu scheint endlos weit, die Alpen grenzenlos. Man kann die Freiheit spüren. Wir sind begeistert und ausgelassen, Nichts hält uns mehr am Boden...

Der Weg ist bereits sehr gut abgetrocknet und das Wetter wird zunehmend freundlicher.

Die Stimmung ist magisch.
Wolkenschwaden steigen aus den Tälern auf und hier und da blitzt bereits die Sonne wieder durch.

Der Luftige Grat führt uns - also wie geplant - auf Pfaden und Steigen mit abwechslungsreichen Passagen über die Gipfel Seelekopf (9), Hohenfluhalpkopf (10), Eineguntkopf (11) und Falkenköpfe (12).

Unterwegs haben wir viel Zeit. Wir machen Fotos, genießen die Natur, staunen immer wieder über die Aussichten, entdecken Plätze und Aussichtspunkte, bleiben stehen und schauen den Wolken zu. Wir halten „Huigarte“ und machen natürlich auch eine ausgedehnte Brotzeit…

Auf der gesamten Kammwanderung macht vor allem Sabine jede Menge Pilze aus. Einer schöner als der andere. Fast bedauert sie, auf einem ausgesetzten Grat ausgerüstet mit Stöcken und Rucksack für 3 Tagesetappen unterwegs zu sein. Frau könnte eine schöne Portion Steinpilze sammeln und abends ein köstliches Pilzgericht zaubern...!

Ein paar Mal können wir vom Grat auch schon unser gebuchtes Nachtquartier ausmachen...

Doch noch fehlt uns Gipfelstürmern der Schlusspunkt unserer Überschreitung der Nagelfluhkette. Das wilde und abwechslungsreiche Gelände hat es uns angetan.
Von den Felsspitzen „Falkenköpfe“ geht es im bekannten bergab-bergauf-Wechsel nun Richtung Hochhäderich. Dabei wandern wir über rutschige Pfade mit Wurzelwerk und versicherte Steige. An einer Wegverzweigung entscheiden wir uns natürlich auch wieder für eine kleine Kraxeleinlage und lassen dafür den rutschigen Waldpfad links liegen. Mein Kletterherz schlägt höher und so steigen wir über eine drahtseilgesicherte Rinne aus Nagelfluhgestein rund 7 Meter sicher abwärts.

Entlang des Grats erklimmen wir über den versicherten Steig den Gipfel Hochhäderich (13).

Was ist "Nagelfluh" - auch "Hergottsbeton" genannt?

Nagelfluh ist die Bezeichnung für ein spezielles Gestein, das vor allem am Alpenrand zu finden ist. Es besteht aus Flusskieseln, die zu einem Konglomerat verbacken wurden. Es ist demnach aus vielen einzelnen Steinen aufgebaut. Das Nagelfluhgestein sieht so aus, als hätte man Nägel derart tief in den Felsen geschlagen, sodass nur noch deren Köpfe herausschauen.
Einheimische nennen das Nagelfluh-Gestein auch Herrgottsbeton, weil sich dieses Phänomen früher niemand erklären konnte und somit der Herrgott dafür verantwortlich gewesen sein muss.

Dreizehn Gipfel sind überschritten!
Und es sind in unserer Dokumentation nur 13, weil wir Mittag und Bärenköpfle einfach gemeinsam am Start als Gipfel Nr. 1 betrachtet haben…
Am Gipfelkreuz des Hochhäderich gibt es stellvertretend für alle 13 Gipfel ein feines Gipfelschnäpschen und zahlreiche Fotos.
Wir sind stolz auf uns und unsere Leistung!

Der Ausblick ist wunderbar. Der Tag hätte besser nicht sein können.
In der Ferne leuchtet der Säntis.
Und auch der Bodensee lässt sich ausmachen.

Geschafft aber glücklich laufen wir die letzten Kilometer talwärts bis zum Alpengasthof Hörmoos.
Und bevor wir uns zum Abendessen niederlassen, kneipen wir noch unsere heiß-gelaufenen Füße im hauseigenen See.

Auch die Wirtin des Gasthofs Hörmoos hat ein Auge für Pilze und hat sie im Gegensatz zu uns fleißig gesammelt. So bekommen wir als Zugabe zu unserem wunderbaren Tag auch noch unverhofft ein frisches Pilzragout. Begeistert schlagen wir uns die Bäuche voll. Es ist zum Dahinschmelzen lecker.
Überhaupt verbringen wir einen lustigen Abend im Gasthof und schlafen wie die Könige. Derweil regnet es in der Nacht.
Die Sache mit dem Zeitmanagement und den Blick auf's Wetter haben wir gut im Griff...

Am Sonntagmorgen ist es wiedermal wolkenverhangen, aber trocken.
Das Ende unserer Wandertour wird gemütlich. Uns erwarten keine Grate, ausgesetzte oder drahtseilversicherten Passagen mehr.
Wir verlassen die Alpe Hörmoos und marschieren teilweise über den Oberstaufener Alpenerlebnispfad zum Imberg und zur Bergstation Imbergbahn. Dabei bietet sich die Gelegenheit einen Blick von unten auf unsere zurückgelegte Strecke am Grat zu werfen…

Wir nehmen die Gondel ins Tal und landen in Steibis. Weiter laufen wir zur Alpe Neugreut und folgen dem Wanderweg "Wilde Wasser" zum touristischen Hotspot Buchenegger Wasserfälle.

Da mittlerweile erneut die Sonne vom hohen Himmel lacht, sehen wir zu, dass wir die Wasserfälle hinter uns lassen. Zu viele Sonntagsausflügler genießen den schönen Tag und liefern uns ein heiteres Schauspiel am und um die Wasserfälle.
Wir setzen unseren Weg fort und kehren in der Sennalpe Bärenschwand ein. Es gibt Bergkäse aus eigener Herstellung, köstlichen Kuchen und kühle Getränke. Herz, was willst du mehr?

Das Ende der Tour ist schnell erzählt. Von der Sennalpe Bärenschwand erwandern wir unseren letzten Gipfel für heuer und erreichen den Hündlekopf. Von hier geht es dann hinab zur Talstation der Hündlebahn. Dank eines wunderbaren Gönners unserer Wanderunternehmung werden wir von dort zurück nach Immenstadt chauffiert und wir kehren äußerst komfortabel an unseren Ausgangspunkt zurück.

Mit strahlenden Gesichtern. Mit leuchtenden Augen. Voller Freude, Zufriedenheit und Stolz geht jede von uns nach Hause. Eine super Wanderung. Alles hat gepasst. Einzig die Vierte im Bunde musste krankheitsbedingt leider passen…
Auch nach ein paar Tagen scheint unsere Zufriedenheit nachhaltig. Eine kurze Erinnerung an unsere schöne Zeit reicht aus und alle Trübsal verfliegt.

Mädels - DANKE. DANKE. DANKE.

Und... - die Planung für eine Wandertour 2019 läuft. Der Termin ist umzingelt. Dann gehen wir wieder zu viert!

In diesem Sinne wünsche ich allen Mädels-Wochenenden - egal ob aktiv am Berg oder doch im Wellness-Hotel - dass Ihr so zufrieden und froh nach Hause kommt wie wir nach dieser Tour.

Eure Katja Wehr


P.S. Und natürlich wünsche ich auch allen Jungsgruppen so viel Erfolg, wenn sie on tour sind.

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