Die klassische Höhenwanderung zählt zu den schönsten und beliebtesten Wanderungen der Alpen und ist die Highlight-Tour am zentralen Allgäuer Hauptkamm.
Die kleine Durchquerung der Allgäuer Alpen -
eine besondere Mädels-Hütten-Jubiläumstour.
2020 – das Jahr unserer persönlichen Jubiläen.
Fünfzigste Geburtstage stehen im Kalender und wollen gefeiert werden.
Zum zehnten Mal in Folge gehen wir gemeinsam auf Mehrtagestour im Allgäu.
Zusammen also Grund und Anlass genug endlich auch den Heilbronner Weg in Angriff zu nehmen.
Die Höhenwanderung ist schon lange perfekt geplant, die Hütten fix reserviert. Wir sind durch die Erfahrung zahlreicher Bergtouren und durch das Begehen verschiedener Klettersteige gut vorbereitet.
Die Vorfreude ist riesengroß! Das Abenteuer kann beginnen...
2020 steckt voller Vorhaben, Erwartungen und Hoffnungen. Große und kleine Abenteuer stehen auf dem Plan!
Doch schon zu Beginn der COVID-19-Pandemie ist klar, das Jahr verläuft nach eigenen Regeln.
Erzwungenermaßen müssen wir uns von zahlreichen Träumen und Vorstellungen verabschieden.
Im Lockdown werden unsere Hüttenbuchungen zunächst einmal automatisch storniert. Lange weiß niemand, wie es sich mit den Übernachtungsmöglichkeiten auf den Hütten verhalten wird. Unsere Hüttenwanderung scheint geplatzt zu sein! Als dann die ersehnten Lockerungen kommen, nimmt die Unternehmung wieder Fahrt auf. Wir buchen erneut, was möglich ist und planen unsere Tour entsprechend um.
Gespannt bis zum Schluss und ausgerüstet mit einem Notfallplan für verschiedene Tagestouren als Ersatz sowie für schlechtes Wetter warten wir die Dinge dann einfach ab...
Mitte September ist es dann soweit. Die Corona-Auswirkungen wirbeln abermals etwas Staub auf und anders als gedacht starten wir am Ende nur zu Zweit. Die Freude ist dennoch riesig. Die Wetteraussichten für unsere Tour sind hervorragend.
Unsere Wanderung führt uns bei vier Bergtagen von Birgsau zur Rappensee-Hütte. Über den Heilbronner Weg gelangen wir zur Kemptner Hütte. Von dort machen wir einen Abstecher auf den Großen Krottenkopf. Über das Rauheck steigen wir ins Oytal ab.
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Zunächst fahren wir mit dem Wanderbus von Oberstdorf in das Stillachtal bis Birgsau, Endstation Alpe Eschbach. Gemächlich führt unser Weg über Einödsbach vorbei an der Petersalpe hinauf zur Enzianhütte. Hier nehmen wir uns Zeit für eine Rast, kommen an und genießen, genießen, genießen... - die Aussicht, die Natur, unsere Holderschorle, unsere Freundschaft und dass wir trotz der Corona-Planungsunsicherheiten zu unserer Hüttentour aufbrechen konnten. Bei aller Bergbegeisterung sind wir nicht unterwegs, um sportliche Rekorde zu brechen. Wir möchten die grandiose Tour, die Berge und die Natur genießen - Sonne tanken - den Alltag zurück lassen - das Leben und zwei halbe Jahrhunderte feiern...
Unterhalb der Gamswände führt uns unser Weg weiter zur Rappensee-Hütte.
Übernachtungen sind nur mit Reservierung und im eigenen Schlafsack möglich, natürlich gelten Maskenpflicht und besondere Abstandsregeln (auch in den Waschräumen). Darüber hinaus sind die Übernachtungsmöglichkeiten stark eingeschränkt und so ist es auf der größten Hütte des Deutschen Alpenvereins ungewohnt übersichtlich und ruhig.
Wir beziehen Quartier und machen es uns mit Kaffee und Kuchen auf der Terrasse bequem. Murmeltiere pfeifen und sausen von Erdloch zu Erdloch.
Am Nachmittag zieht es uns dann von der idyllisch gelegenen Rappensee-Hütte zu einer kleinen Erkundungstour rund um die beiden Rappenseen. Schließlich starten wir auf eine Rundtour über den Rappenseekopf (2469 m). Wir freuen uns über die Ruhe, eine fantastische Fernsicht und eine herrliche Abendstimmung.
Ein gelungener Auftakt.
Der Heilbronner Weg
von der Rappensee-Hütte zur Kemptner Hütte
Der nächste Morgen zeigt sich nicht so klar und sonnig wie angesagt. Die Wetterlage ist dennoch stabil und wir starten voller Vorfreude in den neuen Tag...
Von der Rappenseehütte wandern wir über die weitläufige Große Steinscharte und queren über das wilde Wiesleskar zum Bergfuß des Hohen Lichts.
Die Kulisse ist beeindruckend.
In der Regel stehen die Chancen sehr gut in der Großen Steinscharte auf eine Herde Steinböcke zu treffen. An diesem Tag jedoch haben sie offensichtlich andere Pläne…
Wir halten Ausschau, werden aber nicht belohnt.
Über eine Schotterhalde steigen wir in Serpentinen zu den Felsen hinauf. Ein Schild und erste Drahtseile weisen darauf hin, dass der Heilbronner Weg beginnt.
Durch eine Rinne gelangen wir zum Abzweig Hohes Licht. Diesen "Seitensprung" auf den zweithöchsten Gipfel der Allgäuer Alpen (2455 m) lassen wir aus. Für diesen Tag ist uns der Heilbronner Weg inklusive der direkten Route bis zur Kemptner Hütte genug. Das Hohe Licht nehmen wir uns einmal als eigene Bergtour vor.
Unser Weg führt über ein feines Felsband aufwärts zu einem steinernen Torbogen, dem Heilbronner Törle, und schlüpfen hindurch.
Der Weg führt weiter und wir erreichen die einzige Leiter des Höhenwegs in der kleinen Steinscharte. Über die spektakulär anmutende Stahlleiter erreicht man den Steinschartenkopf.
Wenige Meter nach dem Gipfel hilft eine knapp 10 Meter lange Brücke über einen Abgrund. Die Leiterbrücke, der Hans-Kaiser-Steg, ist beliebtes Fotomotiv und eines der Highlights der Etappe.
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Wir folgen dem Grat und steigen anschließend über einen steinigen Hang ab, queren rechts am Gipfel des Wilden Manns vorbei und kommen zur Socktalscharte. Über zahlreiche, felsige Kehren steigen wir steil zum Bockkarkopf (2608 m) hinauf. Eigentlich wäre hier der richtige Punkt für eine ausgiebige Rast. Der Gipfel bietet uns eine Wahnsinns-Aussicht und einzigartig wenig andere Bergfreunde umlagern das Gipfelkreuz. Der Heilbronner Weg ist an diesem Donnerstag erfreulich wenig begangen. In normalen Zeiten herrscht an Schlüsselstellen oft dichtes Gedränge und Karawanen von Wanderern folgen dem Steig. Es geht ein frischer Wind und am Himmel ist ein rasantes Wolkenspiel zu beobachten. Daher entscheiden wir den exponierten Platz zügig zu verlassen und unsere Pause noch ein wenig aufzuschieben. Der Abstieg vom Gipfel ist erneut schroff und felsig und führt uns in die Bockkarscharte. Der schwierigste Abschnitt des Höhenwegs endet hier mit dem Abzweig zum Waltenberger Haus.
Das Gelände wird nun deutlich sanfter als auf dem ersten Abschnitt des Weges. Unter der Hochfrottspitze hindurch führt der Weg am Rand des Schwarzmilzferners bis unter den Ostgrat der Mädelegabel. Auch wenn die Aussicht vom Gipfel der Mädelegabel atemberaubend ist, lassen wir auch diesen Abstecher aus. Die teilweise beunruhigend dunkeln Wolken lassen uns unsere Entscheidung nicht schwerfallen. Über die auffallenden Böden der Schwarzen Milz gehen wir weiter zum Kratzersattel. Hier lassen wir uns dann aber doch
noch genüsslich nieder, machen eine Pause und genießen den tollen Blick zurück auf das Allgäuer Dreigestirn: Hochfrottspitze - Mädelegabel - Trettachspitze.
Mit Heiterkeit und Leichtigkeit im Herzen queren wir dann weiter in Richtung Osten unter dem Kratzer entlang. Und endlich bekommen auch wir sie zu sehen: Steinböcke!!! Was für ein Glück. Wir stehen, staunen und beobachten. Die majestätischen Tiere sind wunderschön.
Auf den letzten Metern ins Mädelejoch und hinunter zur Kemptner Hütte wird unser Tag absolut perfekt.
Auch die Kemptner Hütte empfängt uns für ihre Verhältnisse trotz großer Umbaumaßnahmen ungewöhnlich ruhig. Wir stärken uns mit Gabis köstlichem Schoko-Kirsch-Kuchen, richten uns häuslich für zwei Nächte ein und stoßen auf einen wunderbaren Tag auf dem Heilbronner Weg an. Zufrieden und müde sehen wir dem nächsten Tag entgegen.
Ein Abstecher zum Allgäuer Hauptgipfel, dem Großen Krottenkopf
Ein neuer Tag. Der Himmel ist endlos blau. Die Sonne lacht.
Wir widmen einem Abstecher auf den Großen Krottenkopf einen ganzen Tag!
Von der Kemptner Hütte steigen wir zum Oberen Mädelejoch, das an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich liegt, auf. Wir blicken aus einer neuen Perspektive auf die Lechtaler Alpen. Nun geht es wieder einige Höhenmeter hinunter, um anschließend fast eben in einem großen Bogen unter steilen Geröllhängen zu queren. An einem Wegkeuz halten wir uns nach Osten und steigen durch die Felswildnis des Kelletals hinauf der Krottenkopfscharte entgegen. Ein toller Blick Richtung Südosten wird frei!
Nachdem der Berg bereits zur Hälfte umrundet ist, startet der eigentliche Aufstieg zum Gipfel des Großen Krottenkopfes von der Krottenkopfscharte. Über einen langen felsigen Rücken mit viel Schotter zieht sich der Pfad dem Ziel entgegen. Das Gelände ist steil und steinig. Stellenweise sind leichte Kletterstellen zu bewältigen. Zum Teil gibt es nur Wegspuren, wir klettern uns von Markierung zu Markierung. Über Schrofen und über Felsplatten erreichen wir den Gipfel.
Die Kraxelei ist super, wir haben unseren Spaß.
Der Große Krottenkopf (2656 m) ist der Hauptgipfel der gesamten Allgäuer Alpen, steht aber ganz auf Tiroler Boden. Eigentlich gehört er auch nicht zum Hauptkamm, sondern zur österreichischen Hornbachkette. Am Gipfel liegt uns das Allgäu zu Füßen. Außerdem bietet sich ein besonders schöner Blick auf die gewaltigen Gipfel der nahen Lechtaler Alpen.
Das wunderbare Panorama treibt uns ein paar Tränen in die Augen.
Vor einigen Jahren führte uns eine Tour bereits auf den Großen Krottenkopf. Wir sitzen also nicht zum ersten Mal hier oben auf diesem Gipfel und sind nichtsdestoweniger ergriffen.
Es ist so wunderschön. Wir hocken ewig und leider doch nicht lange genug...
Nachdem die Aussicht im Kopf und im Herzen gespeichert ist - und natürlich auch ein Haufen herrlicher Fotos geschossen sind, geht es auf derselben Route zurück Richtung Kemptner Hütte.
Zurück auf der Südostseite des Oberen Mädelejochs entscheiden wir uns, ein zusätzliches Ziel anzusteuern. Weil es einfach immer wieder schön ist und die Aussicht zu meinen persönlichen absoluten Favoriten zählt, steigen wir an den Rand des Öfnerkars und von dort in Serpentinen auf den Gipfel des Muttlerkopfs (2368 m).
Keine Ahnung wie oft ich schon auf dem Gipfel des Hausbergs der Kemptner Hütte gesessen bin!
Hier oben ist es einfach einwandfrei und ich liebe den Blick in den Sperrbachtobel. Meine Begeisterung überträgt sich auf meine Bergfreundin. Dieser Extra-Tag nur für die Gipfelbegehung ist der Hammer. Glückselig grinsend kehren wir zur zweiten Nacht auf der Kemptner Hütte zurück.
Von der Kemptner Hütte über das Rauheck ins Oytal
Nach einer weiteren Hüttenübernachtung auf der Kemptner Hütte geht es leider schon auf unsere letzte Etappe...
Der Abschied fällt schwer. Auf der Kemptner Hütte sind wir wie immer wie alte Freunde aufgenommen worden. Es gab köstliches Essen, viel zu lachen, das ein oder andere Schnäpschen und fast gemütliche Betten. Selbstredend gelten auch hier die besonderen Corona-Schutzmaßnahmen, weshalb es letztendlich ruhig und übersichtlich zugeht. Wir haben es genossen. Danke an das ganze Team auf der Kemptner-Hütte - wir kommen wieder!
Früh am Morgen machen wir uns auf den Übergang der Allgäu-Durchquerung Richtung Süden.
Wir wandern unter dem wilden Zackengrat der Krottenspitzen bis zum Fürschießersattel. Von dort queren wir weiter durch die Nordflanke und erreichen so den Marchsattel. Aussichtsreich wandern wir auf dem Kamm in Richtung Norden zum doppelgipfeligen Kreuzeck.
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Die Etappe durch eines der entlegensten und botanisch interessantesten Gebiete der Allgäuer Alpen begeistert uns vollständig. Die herbstliche Landschaft ist ein Genuss für die Augen - einfach mega schön!
Vom Kreuzeck geht es weiter den Kamm entlang zum Rauheck.
Die Route über den aussichtsreichen Höhenweg fordert uns mit einigem Auf und Ab, verwöhnt uns aber mit eindrucksvollen Bildern.
Vom Rauheck steigen wie den Nordwestgrat hinab auf eine Schulter mit Wegverzweigung und gehen weiter hinab zum malerischen Eissee. Langsam überkommt uns eine zarte Wehmut, denn das Ende unserer herrlichen Tour rückt unaufhaltsam näher...
Die vier Gras- und Felsspitzen der Höfats, die kühn in den Himmel stechen, immer fest im Blick folgen wir dem Pfad unter den Felsabbrüchen von Jochspitze und Kleinem Wilden. Wir queren eine Geröllrinne und gelangen zur Wildenfeldhütte.
Von dort geht es zu Kaffee und Kuchen hinunter zur Käseralpe, bevor wir den gefürchteten langen Hatsch über Asphalt- und Kieswege durch das Oytal antreten…
Am Oytalhaus leihen wir für die letzten Kilometer die schnellen Bergroller und sausen ausgelassen wie die Kinder zurück nach Oberstdorf. Hier endet unsere "Kleine Durchquerung" der Allgäuer Alpen.
Auch wenn unsere diesjährige Hüttentour der Situation geschuldet ganz anders verlief als ursprünglich gedacht, so werden wir die Bilder dieser Tour sicher nicht vergessen. Das Erlebnis tragen wir im Herzen. Es trägt uns immer wieder auch durch unseren Alltag.
Claudia, ich danke Dir! Schöner hätten wir unsere halben Jahrhunderte nicht feiern können. Ein Hoch auf unsere Freundschaft.
Das Leben gehört dem, der es genießt.
Und wir freuen uns schon auf unsere Mädelstour im nächsten Jahr, wenn wir hoffentlich wieder komplett sind...
In diesem Sinne, Eure Katja Wehr